Portrait von Jeanny Leighton|Mehrere Studenten bei einer Notfallübung.

Von der operationstechnischen Assistentin zum Physician Assistant

Geradlinige Lebensläufe gibt es immer seltener – auch im medizinischen Bereich. Die Vorstellung, jemand hat Bestnoten im Abitur , studiert Medizin und wird danach Arzt oder Ärztin ist bei vielen Menschen noch fest verankert. Dass es auch andere Wege – beispielsweise in den OP gibt – beweist Studentin Jeanny Leighton, die aktuell im achten Semester des Bachelors Physician Assistance für Gesundheitsberufe (B.Sc.) in München studiert.

„Mein Herz schlägt für die Chirurgie“

Vor fast 15 Jahren hat die heute 33-jährige Studentin ihre Ausbildung zur operationstechnischen Assistentin in Dachau begonnen. Dort war sie die erste Schülerin und hatte bereits im dritten Lehrjahr aufgrund von Personalmangel große Verantwortung. „Ich war dann schon Saalführung für die Chirurgie und habe nach meiner Ausbildung direkt die Bereichsleitung für die Gefäßchirurgie übernommen“, berichtet Jeanny. In dieser Position ist sie auch eine Weile geblieben, bis die Familienplanung anstand und ihr Weg sie zurück in die Heimat führte.

„Nach der Elternzeit bin ich in der Endoprothetik gelandet und habe eine Fortbildung zur Praxisanleiterin gemacht. In Starnberg und München habe ich in der OTA-Schule sehr viel unterrichtet. Mein damaliger Professor hat mich gefragt, ob ich nicht weiter- und mehr machen möchte“, erzählt die Studentin über ihren weiteren Werdegang. So arbeitet Jeanny ohne Medizinstudium bereits in einem Bereich, der ihr Spaß macht. Nach diesem langen Weg steht selbst die klassische Medizin doch noch offen.

Der Weg zum Studium

Auf eigene Faust hat sie sich nach Programmen erkundigt, die sie neben Beruf und Familie belegen kann. Die Wahl des Studiums fiel da nicht schwer, denn: „Ich habe meinen Job geliebt und ich weiß, ich will auch wieder zurück in den OP, aber es war irgendwie langweilig. Ich strebe nach mehr. Das PA-Studium an der Carl Remigius Medical School habe ich als Chance gesehen, aufzusteigen. Bis dahin hatte ich alle Zertifikate und Zusatzqualifikationen erworben, die man sich vorstellen kann, da war das Studium eigentlich echt der logische nächste Schritt.“ Zwar haben die Vorlesungen zunächst nicht in den OP-Plan gepasst, doch ihre Klinik hat kurzerhand mit der Studentin gemeinsam ein Ausbildungskonzept entworfen und ist eine Kooperation mit der Carl Remigius Medical School eingegangen. „Wir haben dort jetzt auch eine andere angehende PA und ich fungiere da jetzt irgendwie so als Tutor“, erzählt Jeanny stolz.

Spezialisiert auf die Chirurgie möchte die Studentin gerne mehr Verantwortung übernehmen. „Das Studium vermittelt einem natürlich auch das Können, aber ein PA darf am Ende rechtlich auch mehr. Einfach nur im OP zu nähen, reicht mir nicht “, erzählt sie.

Mehrere Studenten bei einer Notfallübung.
Jeanny mit ihren Kommiliton:innen bei dem Notfallsimulationstraining.

Langweilt das Studium nach all der Zeit nicht?

Das kann die junge alleinerziehende Mutter definitiv verneinen: „Ich habe tiefe Einblicke in internistische Bereiche und die Notfallmedizin bekommen. Das kannte ich so vorher noch nicht.“ Aktuell ist sie auf einer Intensivstation im Praktikum und war schon innerhalb weniger Tage bei zwei Reanimationen live dabei. Die Basics hierfür und wie das Ganze im Klinikalltag abläuft, hat sie bei einem Notfallsimulationstraining erfahren. „Das Training hat mich so gut auf diese Ernstfälle vorbereitet, dass ich zwar voller Adrenalin war, aber ich hatte keine Angst und konnte das Gelernte einfach abrufen“, berichtet die Studentin begeistert.

Das Simulationstraining war Teil der Kurse für Basic Live Support und Advanced Live Support, die alle Physician Assistants absolvieren müssen. Im Studium Physician Assistance für Gesundheitsberufe (B.Sc.) sind diese Kurse integriert. In das Training ging Jeanny mit gemischten Gefühlen: „Am Anfang hatte ich wirklich die Befürchtung, dass ich mich langweilen werde, weil ich die klassischen Live Support Kurse schon mehrmals gemacht habe. Nach kurzer Zeit war ich von diesem intensiven Kurs aber echt begeistert. Ich habe richtig viel gelernt!“

Warum kein Medizinstudium?

Ein klassisches Medizinstudium wäre eigentlich Jeannys erste Wahl gewesen, doch ihr NC reichte nicht. Die Studentin erinnert sich: „Auch fünf Jahre nach meiner Ausbildung stand ich noch immer auf der Warteliste. Selbst wenn ich dann einen Platz bekommen hätte, hätte ich sechs Jahre lang Medizin studieren müssen. Ohne Einkommen, mit Kind. Das war nicht machbar.“

Der Physician Assistance Studiengang bietet ihr die Möglichkeit, Familie, Hauptberuf, Nebenjob und Studium unter einen Hut zu bringen. Sie kann sich für die Zukunft vorstellen, den Master zum Physician Assistant anzuhängen oder ein Masterstudium in Medizin zu machen.