Frau meditiert im Schneidersitz im Wald.|Portrait von Susanne Vogt

Klimawandel und Gesundheit

KLIMAWANDEL UND GESUNDHEIT – WIE PASST DAS ZUSAMMEN?

In vielen Bereichen bekommen wir die Veränderungen des Klimas zu spüren. Heißere Sommer, Überschwemmungen und Knappheit des Trinkwassers sind in den letzten Jahren häufiger vorgekommen. Doch wie wirkt sich der Klimawandel langfristig auf unsere Gesundheit aus? Zahlreiche Forschende gehen dieser Frage auf den Grund. Daher steht der diesjährige Weltgesundheitstag der WHO am 07. April unter dem Motto „Klimawandel und Gesundheit“.

Prof. Dr. Susanne Vogt, Studiengangsleiterin im Master Interprofessionelle Gesundheitsversorgung in der Pädiatrie (M.Sc.) und Prof. Dr. Peter W. Gündling, Studiendekan im Master Naturheilkunde & komplementäre Medizin (M.Sc.) geben einen Einblick.

Folgen des Klimawandels auf die Gesundheit

Wenn man von Klimawandel und Gesundheit spricht, sind mehrere Faktoren wichtig. „Es fängt schon dabei an, dass es mehr extrem heiße Tage im Jahr gibt“, erläutert Susanne Vogt und führt aus: „Bei Kindern häufen sich da in den letzten Jahren die hitzebedingten Erkrankungen wie beispielsweise Überhitzung oder auch Dehydration.“ Ändert sich das Klima, haben wir öfter auch in Deutschland harte Winter und sehr heiße und trockene Sommer. Das wirkt sich unmittelbar auf unsere Gesundheit aus. „Gerade die hohen Temperaturen sind ein greifbarer Aspekt des Klimawandels, der nicht nur Kinder trifft. Auch alte oder kranke Menschen leiden stark an Hitze. Das reicht vom Kreislaufkollaps bis zum Tod“, ergänzt Peter Gündling.

Es gibt direkte und indirekte Faktoren des Klimawandels, die Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Dazu zählen laut Vogt und Gündling:

  • Hitze und ihre Folgen auf vulnerable Gruppen
  • Bessere Bedingungen für Viren durch verändertes Klima
  • Häufigere Naturereignisse wie Überschwemmungen
  • Baumsterben und somit weniger CO2-Abbau
Portrait von Susanne Vogt
Studiengangsleiterin Susanne Vogt

Der Klimawandel ist komplex
Es gibt jedoch nicht nur Faktoren des Klimawandels, die direkt unsere Gesundheit betreffen, sondern auch Vorkommnisse, auf die sich die Gesundheitsversorgung einstellen muss. Überschwemmungen wie im Jahr 2021 in NRW und Rheinland-Pfalz gehören zu Szenarien, die Anwohner:innen Mediziner:innen sowie Psycholog:innen vor große Herausforderungen stellen.

„Darüber hinaus wird es durch Migration, die durch den Klimawandel beschleunigt wird, in unseren Städten noch enger und wir müssen uns in der Therapie und der Medizin darauf einstellen. Da kommen Menschen mit ganz anderen Voraussetzungen, mit einem anderen Impfstatus, mit Traumata und vielem mehr“, gibt die Studiengangsleiterin zu bedenken. „Da muss man beispielsweise in der Logopädie darauf achten, ob jemand einfach noch nicht genug Deutsch spricht oder ob eine Sprachstörung vorliegt, die vielleicht auch durch einen Schlaganfall hervorgerufen wurde.“

Laut Susanne Vogt ist das Thema Gesundheit derzeit so komplex, dass interprofessionelle Arbeit in Zukunft unabdingbar wird: „Aktuell gibt es vor allem in der Kinderheilkunde unglaublich viele theoretische Ausarbeitungen dazu, wie die Versorgung besser funktionieren kann. Praktisch anwendbare Konzepte gibt es jedoch noch sehr wenige. Das wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren stark ändern und der Klimawandel wird das sicherlich vorantreiben.“ Wichtig ist hier nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch eine engere Verzahnung, beispielsweise mit der Pädagogik.

Ansätze zur Bewältigung der klimatischen Folgen

Während der Kontakt zwischen den einzelnen Fachrichtungen der Medizin enger werden muss, um ganzheitliche und krisensichere Versorgungszentren zu schaffen, können auch wir selbst etwas tun. „Mit gesunder und bewusster Ernährung können wir viel bewirken“, meint Peter Gündling. Denn, wenn wir beispielsweise weniger Fleisch essen, ist das nicht nur für uns selbst gesund, wir sparen auch viel CO2 ein. Der Studiendekan erklärt: „Klimawandel und Gesundheit haben zwei Faktoren. Zum einen der vorhin beschriebene Einfluss direkt auf unsere Gesundheit durch Hitze und mehr. Zum anderen hat aber auch unser Verhalten Einfluss auf den Klimawandel. Je gesünder wir uns gegenüber unserer Umwelt verhalten, umso günstiger ist dies für die Umwelt, sodass im besten Fall der Klimawandel verlangsamt wird.“

Der Studiendekan hebt hierfür folgende Aspekte hervor:

  • Gesunde Ernährung mit weniger Fleisch und aus lokalem Anbau
  • Weniger Plastikverpackungen
  • Bewegung in der Natur und mit alternativen Fortbewegungsmitteln
  • Nachhaltiger und naturverbundener leben

Alles, was also Einfluss auf unsere Gesundheit hat, wie eine ausgewogene Ernährung oder das Auto ab und zu durch das Fahrrad zu ersetzen, hat gleichzeitig einen positiven Impact auf unsere Umwelt. „Wenn wir mit der Natur leben, beispielsweise auch durch Spaziergänge im Wald, nehmen wir die Veränderungen durch den Klimawandel viel direkter wahr und können uns dann auf eine gesündere Lebensweise fokussieren“, findet Gündling. Der Konsum von mehr pflanzlichen Produkten, Einsparung von CO2 und das Vermeiden von Müll mögen im Vergleich zum globalen Klimawandel zwar wie Kleinigkeiten wirken, aber: „Wenn alle etwas tun würden, wäre der positive Einfluss auf die Umwelt sehr groß. Ein gesundheitsbewusster Mensch bewirkt eine gesündere Umwelt und die bewirkt einen gesünderen Menschen“, findet der Studiendekan.

Ein Blick in die Zukunft

Im besten Falle arbeiten wir gemeinschaftlich daran, dass es unserer Umwelt gut geht und der Klimawandel verlangsamt wird. Dennoch stellt sich die medizinische und therapeutische Versorgung auf Szenarien ein, falls dieses Vorhaben nicht gelingt. „Tatsächlich haben wir mit Krisensituationen auch heute schon zu kämpfen“, gibt Susanne Vogt zu denken und Peter Gündling bestätigt: „Mir wäre es auch lieber, wenn wir diese Konzepte nicht bräuchten, aber wir haben mit Migration, den Naturkatastrophen und vielem mehr heute schon zu tun.“

Beide sind sich sicher: Die Gesundheitsversorgung wird sich wandeln und den Auswirkungen des Klimawandels anpassen müssen. Seien es interdisziplinäre Konzepte, Krisenversorgungen in Form von Impfmobilen der auch einer veränderte Behandlung bei Allgemeinmediziner:innen. „Um beim Beispiel der Migration zu bleiben: Möglicherweise werden wir irgendwann priorisieren müssen, wer wann medizinisch versorgt wird, weil wir zu viele Patient:innen haben. Dann werden einfache Dinge nicht mehr ärztlich behandelt werden können. Aber hoffen wir, dass es nicht so weit kommt und wir alle jetzt etwas gegen den Klimawandel und für unsere Gesundheit tun. Gemeinsam, interdisziplinär“, schließt Peter Gündling.